Tadzio ist weggefahren, um die Señorita zu eskortieren. Er soll heute abend zurückkommen. Ich habe ihn liebgewonnen. Ich, ein Intellektueller, und er, ein einfacher, wenig gebildeter Junge. Wir sind im selben Alter. (…)
Was für ein Unterschied besteht zwischen mir und Tadzio? Ein Unterschied in unserem Empfinden. Denn heute befinden wir uns in derselben materiellen Lage. Für mich ist das Streicheln einer sich sonnenden Katze, ihr blaßgrüner Blick unter einigen Wimpernstrichen, die an den Enden in Regenbogenfarben glänzen, ein echtes Erlebnis. Für Tadzio ist das kein Erlebnis. Oder vielleicht ist es für ihn noch kein Erlebnis. Sein Sohn, der in durchschnittlichem Wohlstand aufwachsen und einigermaßen gebildet wird, wird mich vielleicht in meinen Empfindungen bereits einholen. Vielleicht auch nicht. Das sind zufällige Dinge, doch ich glaube an die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Wahrscheinlichkeit wird um so größer, je mehr Tadzios unter menschlichen Bedingungen leben und nicht mit einer Schicht in Berührung kommen, die meint, man müsse sich bei jedem Kontakt mit diesen Tadzios "erniedrigen", sondern mit einer Schicht, die sich ganz normal benimmt. Das ist ein Problem der Form. Mit der Form, und nur mit ihr, gelang es den Franzosen, der übrigen Welt einzureden, daß bei ihnen Demokratie herrscht. Dabei ist die soziale Durchlässigkeit in Frankreich viel geringer als bei uns. Demokratie herrscht nach außen hin. Man reicht einander die Hand, benimmt sich natürlich, Monsieur, Merci und Pardon.